Dienstag, 4. Oktober 2016
6. Der alltägliche Alltag
Es sind jetzt 2 Monate vergangen seitdem ich aus Deutschland ausgereist bin. Den groben Rahmen von meiner Zeit habe ich euch bisher ja gegeben. Da gab es einmal das On-Arrival, die Familie und das Projekt, das Ankommen und die ersten Eindrücke.
Das Projekt werde ich noch nachschieben, da die Leitung das erst noch absegnen muss. Da es hier sehr hierarchisch zugeht, muss mein Beitrag eine recht lange Kette durchlaufen, was etwas Zeit benötigt ^^ also: Gehabt euch in Geduld meine Freunde!
Somit bin erstmal fertig mit dem Rückblick und meiner Erklärung des Rahmens in dem ich mich hier in Indien bewege.

Ab jetzt berichte ich euch von besonderen Erlebnissen in meinem – ja doch recht – langweiligen Alltag. Damit ihr einen kleinen Einblick in meinem Alltag bekommt… Bitte! Aber ich habe euch gewarnt :D

Aufstehen tue ich gegen 7/7.15, mache mich fertig, Frühstücke und jaaa…. Ich packe meine Schulsachen zusammen… so wie mein kleiner Gastbruder Om ^^
Um 8/8.15 verlasse ich dann das Haus um mit meinem, etwas in die Jahre gekommenen, Fahrrad zu meinem Projekt zu fahren. Jeden Tag ist es eine spannende Reise, denn man weiß nicht, was einem auf dem Weg alles begegnet oder fast umfährt, umläuft oder auf dich drauffällt…^^ Aber es ist die schnellste Methode um zur Schule zu kommen, es hält halbwegs gesund und es macht mir Spaß. Also fahre ich meine halbe Stunde zum Projekt, wo ich erstmal mein Shirt gegen ein Hemd tausche.
Im Projekt kann dann alles Mögliche passieren. Ich werde gefragt zu unterrichten, irgendwas auszuarbeiten oder mitzuhelfen. Meistens habe ich den Vormittag aber frei und suche mir meine Aufgaben selber. Unterrichtsbesuche, Gitarre reparieren oder spielen, Kannada lernen oder meine Stunden vorbereiten. Am Nachmittag unterrichte ich dann - MEISTENS. Es ist hier alles etwas spontan. Deswegen kann ich nur das aufschreiben, was am HÄUFIGSTENS passiert. Es kam auch schon vor, dass ich 3/4 Stunden die Vorschule betreut habe. Dort sind Kinder von 4 bis 6 Jahren und ich unterstütze die Lehrerinnen und Lehrer.
Nach 8 Stunden Arbeit, von 9 bis 17.30 (mit Pause) fahre ich dann wieder eine halbe Stunde zurück. Meistens bin ich dann so gegen 18 Uhr zurück, dusche direkt oder mache vorher noch Sport.
Wir drei haben uns nämliche eine Hantelstange mit Gewichten gekauft und machen Sport auf unserem Flachdach. Das Sportlern bringt runter, lässt ein über seinen Tag nachdenken und macht Spaß. Nebenbei nimmt man auch nicht zu ^^, denn um 20 Uhr gibt es ChaiTee und Kekse und um 21 Uhr dann reichlich Essen. Ich werde hier eh vollgestopft mit allem Möglichen!! So viel Sport kann ich gar nicht machen, um das wieder los zu werden!!

Ja und nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer, nach oben. Schaue mir einen Film an, Lese oder schreibe Blockeinträge. Ihr merkt, irgendwie ist mein Alltag nicht sonderlich spannend.
Aber im Laufe des einen oder anderen Tages passieren dann doch noch mal ungewöhnlichere Dinge als sonst. So werde ich mit meinem Fahrrad angehalten nur um ein Selfie zu machen. Oder Ich bekomme beim Tomatenkauf erstmal 250 Gramm mehr dazu, einfach so. Dazu kommen natürlich noch die Wochenenden, an denen ich entweder komplett rum Gammel um mal auszuspannen und mich auf die nächste Woche vorzubereiten oder wir fahren für einen Kurztrip in die Bangalore Umgebung oder für ein verlängertes Wochenende nach Kidnapper.
Es ist schon spannend. Aber ich merke, dass hier die Sonne und der Himmel, die gleiche Sonne und der gleiche Himmel wie in Deutschland sind. Auch der Alltag ist ein Alltag. Zwar in einer anderen Form als mein damaliger in Deutschland, aber doch ein Alltag. Ich habe das Gefühl schon ziemlich angekommen zu sein. Das ist echt schön, aber natürlich gibt es auch Dinge die mich aufregen und nicht in Ruhe lassen. Der Smog und der Gestank beim Fahrradfahren beispielsweise und dazu dann noch der Verkehr, nerven tierisch. Auch wenn man nur so unterwegs ist. Es ist lauter, voller und enger. Das Dorfkind in mir wünscht sich seinen Balkon mit schönem ruhigem Ausblick auf den alten Aldi und das dänische Bettenlager zurück. ^^‘
Im Ganzen betrachtet kann ich jedoch sagen: Geil! Und ich bin froh gegangen zu sein…. Warum, erzähle ich euch in meinem nächsten Eintrag ausführlicher!

Grüße :)
Philippo



Freitag, 16. September 2016
5. Unsere Familie
Hallihallo
Mein kleiner Gastbruder und ich wünschen euch viel Spaß beim Lesen :)

My little hostbrother: OM Aufgenommen hat uns – Maxim, Fabio und mich – Praveen mit seiner Frau Veena (beide um die 30) und deren sechsjähriger Sohn Om. Praveen holte uns am Montagmorgen (08.August) aus einem Bangalore-Hostel ab. In diesem übernachteten wir von Sonntag auf Montag nach vorheriger Busfahrt von Kundapur nach Bangalore.
Schon auf dem Weg nach „Hause“ brach Praveen gleich das Eis und informierte uns über alles Mögliche. Alles konnten wir uns zwar nicht merken, aber es ist doch viel hängen geblieben und der erste Kontakt war hergestellt.


Unser neues Zuhause liegt in nahe Shakar Nagar bei Kodegehalli, eine netter Vorort von Bangalore mit guter Anbindung zur Stadtmitte. Um uns herum sind viele Parks und Grünanlagen.
On the right site, with the microphone: my hostdad PraveenDas Stadtleben ist trotzdem immer noch voll da, denn unserem Heimatdistrikt ist auch nicht unbedingt klein…. Wir selber leben aber nun in einem kleinen, grünen, recht ruhigen Bezirk mit schöner Wohnung.
2 Zimmerwohunung mit Küche, Wohnzimmer und 2 Badezimmern. Dazu noch ein Zimmer auf dem Dach mit WC. Boden und Küche sind aus wunderschönem schwarzen Mamor. Es gibt im Wohnzimmer einen älteren Fernsehr und eine gemütliche Couch dem Fernsehr gegenüber. Dazwischen ein kleiner, flacher Tisch. Nahe der Tür steht der Plastikesstisch mit Plastikstühlen. Hier im Wohnzimmer spielt sich eingentlich das ganze Familienleben ab. Abends fern sehen und gemeinsam essen. Reden oder einfach nur entspannen.

Alles machte für mich einen sehr bodenständigen und normalen ersten Eindruck. Es war irgendwie enttäuschend…. Enttäuschend normal... ^^‘

Irgendwie seltsam war jedoch, dass die ganze Familie bei unserer Ankunft recht festlich gekleidet waren…
Praveen meinte zu uns, dass wir ruhig ins Zimmer gehen sollen und uns ausruhen sollen und dass sie selber nun erstmal weg sind…
Kein Problem dachten wir. Sooooo lange gehen die bestimmt nicht weg….
Schlussendlich saßen wir knapp 9/10 Stunden im Wohnzimmer herum und haben Karten gespielt, Filme geschaut, Musik gehört oder PC-Spiele gestartet. Alles was wir hatten, waren ein paar Snacks, Früchte und Wasser ^^ Es war ein spannender Start. Als die Familie dann am Abend zurückkehrte, gab es großes Essen. Verschieden Sorten Curry und Reis. Dazu eine Art Linsen und Bohnen. (Ich kann mir die Namen der Gerichte einfach nicht merken!) und Chapati!

Alles im allen war die erste Begegnung einfach stinknormal. Was das ganze schon wieder abnormal gemacht hat. Denn wer erwartet denn, dass eine Familie 3 wildfremde Freiwillige einfach 10 Stunden alleine im Haus lässt und ihnen alles anvertraut!? (Zwischendurch war auch der Kabelfernsehfutzi da und wollte die Rechnung einkassieren ^^)
Ich fand’s einfach nur lustig und fühlte mich von Anfang an wohl. So wie immer noch. Es war nach dem Motto: “Du willst zur Familie gehören? ... OK.“!
Nichts Besonderes. Lediglich ein paar Einweisungen und Erklärungen.
Es macht bisher echt Spaß mit der Familie.

Natürliche haben wir ein paar Haushaltspflichten, aber auch die sind ertragbar, dafür, dass man so eine tolle Familie erwischt hat, die einem zuhört, hilft und durch die Gegend fährt.

Also, die Familie ist also Bombe. Dann fehlt also nur noch das Projekt.
Darüber schreibe ich im nächsten Eintrag ;)

See you!

Philippkumar! :)

Maxim (right), Fabio (left) 
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Flower festival Lalbagh park in Bangalore



Dienstag, 30. August 2016
3. Bangalore
Bangalore am Anreisetag (31.07) hat mich sehr gestresst. Es war zwar nur ein Randgebiet von Bangalore, aber trotzdem sehr erschlagend für ein Dorfkind wie mich. Es sieht alles etwas skurriler, bunter und überfüllter aus wie deutsche Großstädte. Die Orientierung war wegen des - sagen wir - etwas überfüllten Straßenverkehrs und den Straßenschildern in einer anderen Sprache zu Anfang etwas schwierig.
Jetzt nach reichlich Abstand kann ich meine ersten Eindrücke aber etwas besser formulieren.

Es war eine Mischung aus Angst, Freude, Schock und Faszination.
Der rasante Verkehr, das Autogehupe, die Menschen... Das alles hat mir doch schon sehr zugesetzt. Eine Vermischung tausender Gerüche - gute wie schlechte - führte zur entgültigen sinnlichen Reizüberflutung. Dazu kam das indische Müllproblem, das man nicht schönreden oder vertuschen kann. Es fiel mir am ersten Tag sofort auf – ich habe es gesehen und gerochen. Da war also viel Platz für Angst und Schock...
Aber wie schon gesagt, kommen dazu die Gerüche von frisch gekochten Essen, Obst, Gemüse und auch frischer Luft durch das viele Grün. Dazu all' das Getümmel und das pure Leben. Diese Kombination war zu Anfang schwer zu verdauen, aber schon da war meine komplette Neugier auf Indien gerichtet. Ich war gespannt wie Indien wohl noch sein kann.

Es war ein kleiner Kulturschock. Natürlich! Aber so wäre es wahrscheinlich auch gewesen, wäre ich in eine andere 8 Millionen Metropole in einem anderen Land gekommen!!
Das Gefühl des Gehetzt seins und der Unruhe, dass durch die Großstadt ausgelöst wurde, habe ich jetzt allerdings nicht mehr so stark. Es wird immer leichter und alltäglicher.
Genau so soll es sein, denn ich lebe nun schließlich für fast ein Jahr hier. MitALLEMwas dazu gehört.

Die Ruhe, die ich am ersten Tag gebraucht habe, hat mir der wunderschöne Lalbagh Park gegeben. Fünf Minuten Fußweg von unserem Hostel und man stand in einer riesigen Parkanlage. Weitläufig, grün, mit netten indischen Verkaufsständen und wunderschönen Blumen. Dort blieb ich eine Zeit lang alleine und las ein bisschen.
Selbst dort hörte man das Großstadtgetummel noch, aber das war ok. Ich hatte Zeit für mich – zum Orientieren, Nachdenken und Entspannen.

Nach dem Abendessen stiegen wir am Sonntagabend um 20 Uhr in den Bus Richtung West-Indien, nach Kundapur. Dort sollte unser On-Arrival stattfinden, ein Orientierungsseminar, in dem wir noch einmal auf Indien vorbereitet werden sollten. Montagmorgens 5 Uhr trafen wir dort ein.

Was die anderen Teilnehmer und ich dort alles gelernt, erfahren und erlebt haben, erzähle ich euch in einem anderen Artikel…

So, see you later 
Philipp